Wer in Deutschland Blut abnehmen darf, ist gesetzlich nicht klar geregelt. Aus verschiedenen Verordnungen und wenigen Gesetzen ist ersichtlich, dass die Blutabnahme primär durch die behandelnde Person (Behandlder:in) erfolgen muss. Die Blutabnahme ist meist Teil einer medizinischen Behandlung und somit Gegenstand eines (meist mündlich geschlossenen) Behandlungsvertrags. Ein Behandlungsvertrag kann zwischen dem/der niedergelassenen Arzt/Ärztin und dem Patienten oder zwischen einem Krankenhaus und dem Patienten zustandekommen. Das BGB (Bürgerliche Gesetzbuch) sieht für Behandlungverträge grundsätzlich eine persönliche Leistungserbringung des Behandlers vor (§ 630a in Verbindung mit § 613 Satz 1 BGB). Danach muss also die ärztliche Person sämtliche Behandlungsleistungen und demnach auch die Blutentnahme im Zweifel persönlich erbringen. Neben der persönlichen Leistungserbringung können ärztliche Personen und Patienten Ausnahmen vereinbaren. Mittels dieser Ausnahmevereinbarungen dürfen ärztliche Personen Behandlungsleistungen auch an nichtärztliches Personal delegieren.
Welche gesetzliche Grundlage regelt die Delegation?
In der vertragsärztlichen Versorgung (niedergelassene Ärzte/innen, Krankenhäuser etc.) regelt die Anlage 24 des Bundesmantelvertrag für Ärzte (BMV-Ä) die delegierfähigen Handlungen. In dieser Anlage, der „Vereinbarung über die Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliches Personal in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung“, sind ausgewählte Tätigkeiten einer ärztlichen Person aufgeführt, die unter bestimmten Voraussetzungen an nichtärztliches Fachpersonal übertragen werden dürfen. Hierunter fällt auch die Durchführung einer venösen Blutabnahme. Ob und an wen die ärztliche Person die Blutabnahme delegiert, hängt vorab von der Qualifikation der jeweiligen Person ab (Auswahl- und Anleitungspflicht). Die Qualifikation der angestellten Person (übrigens kann dies auch ein/e angestellte ärztliche Kollegin / Kollege sein) kann durch den Abschluss einer medizinischen / heilberuflichen Ausbildung nachgewiesen werden. Eine Delegation der Blutabnahme ist aber auch an Auszubildende oder Quereinsteiger/innen möglich; die ärztliche Person ist in diesem Fall jedoch zu besonderer Sorgfalt verpflichtet und muss sich von den erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten zuvor überzeugen.
Doch egal ob man bereits eine medizinische Ausbildung absolviert hat oder doch ehr zu den „blutigen“ Anfängern zählt, Blutabnahmen benötigen ein umfangreiches Fachwissen. Mit der reinen beruflichen Qualifikation kann dies oftmals nicht erreicht werden, denn nur noch sehr wenige Berufsgruppen erlernen die Blutabnahmetechnik während ihrer Ausbildung. Umso wichtiger ist es deshalb, dass die durchführende Person über ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Die zuständige ärztliche Person hat also sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden aufgrund ihrer allgemeinen Kenntnisse und Fähigkeiten für die Erbringung der Leistung geeignet sind.
Blutabnehmen ohne medizinische Ausbildung?
Auch ohne eine medizinische Ausbildung ist es möglich, dass man Blut am Patienten abnimmt. Im Bundemantelvertrag (Anlage 24 §4 Abs. 1) heißt es hierzu: „Der Vertragsarzt entscheidet, ob und an wen er eine Leistung delegiert“. Bedeutet: Zwar ist eine berufliche Qualifikation gemäß Anlage 24 wünschenswert, letztendlich hat die delegierende ärztliche Person hier jedoch die endgültige Entscheidungsgewalt. Verfügen Mitarbeitende demnach nicht über die geforderte Qualifikation, also beispielsweise eine abgeschlossene medizinische oder heilberufliche Ausbildung, muss die ärztliche Person eine gesonderte Auswahl und Prüfung der Mitarbeitenden vornehmen. Mitarbeitende ohne eine berufliche Stellung können somit die Qualifikation durch eine intensive Anleitung erwerben, wobei die delegierende ärztliche Person immer im Einzelfall prüfen und entscheiden muss, ob die Mitarbeitenden hiernach auch für die Durchführung der delegierten Leistung geeignet sind.
Die ärztliche Person hat durchgehend die Verantwortung
Mit der Delegation endet nicht die Verantwortung. Ärztinnen und Ärzte haben auch weiterhin die Gesamtverantwortung – haften also auch für Schäden mit, die Mitarbeitende im Rahmen der Delegation verursachen. Denn: Die Blutabnahme zählt auch weiterhin zur ärztlichen Tätigkeit und somit zur persönlichen Leistungserbringung der verantwortlichen ärztlichen Person.